Eine so einfache Frage – ein Icebreaker zu einem Abend der besonderen Art. Die Antworten: Reisen, Familie, Bücher, Kochen, Sport, Sprachen, Kultur…
Jede Antwort für sich hatte Feuer. Jede Begründung entzündete auch in uns irgendwie ein Flämmchen für die Themen, von denen uns so begeistert erzählt wurde.
Nicht ein einziges Mal – und mag sein, dass es zu einem Teil dem Intro geschuldet war, aber eben nur zu einem Teil – war es der Job, der erwähnt wurde.
Dieser Blogartikle ist unser Beitrag zur Blogparade „Achtung Zukunft“ zum 8. PM Camp Berlin Online und ist vielleicht ein bisschen Antwort auf die Frage „Wie wichtig ist ein Purpose auf dem Weg in eine unternehmerische Zukunft?“.
Der Umgang mit Zeit bleibt sicher eine große Herausforderung. Heute und in Zukunft.
Vom Wesen der Zeit
Lebenszeit
Wenn wir im Schnitt als Frau 83 und als Mann 79 Jahre leben und demnach so ca. 40 bis 45 Jahre unseres Lebens mit Arbeiten verbracht haben werden, dann ist das schon bemerkenswert. Denn neben schlafen ist das wohl dann das, wofür unsere Zeit (ver)brennt.
Scheinbar haben es Frauen dann doch ein bisschen (viel) besser als Männer, denn sie investieren ja viel mehr ihrer Lebenszeit in Care Arbeit und damit in die Familie und in das. für dass sie brennen. Denn die Familie gehörte durchaus bei vielen zu den Topthemen,
Es ist also so, dass das, wofür wir brennen, nicht unweigerlich das ist, womit wir Geld verdienen.
Noch etwas deutlicher?
Was sind die häufigsten und lästigsten Fragen im Alltag?
- Was ziehe ich an?
- Was koche ich heute?
- Wann ist endlich Feierabend?
Hört sich nicht so an, als ob wir für Mode, für´s Genießen, für den Job brennen würden.
Wo aber liegt nun der Unterschied zwischen dem Menü, das wir für Gäste zaubern und dem schnellen Mittagessen zwischen Job, Schule und Nachmittagsprogramm?
Warum ist der Style für das Abendevent oder den Citytrip wichtig und dem möglichst praktischen Bürodress? Wann fliegt Zeit und wann kriecht sie?
Zeit
Der wohl abstrakteste Gegensatz. Messen können wir Zeit so präzise wie wenig anderes. Doch der Versuch, ihr Wesen zu erfassen, lässt uns an Grenzen stoßen. Ist sie eine feste Größe oder nur menschliches Konstrukt? Der Zeitforscher Geißler sagt „Zeit ist eine Vorstellung, die jeder für sich immer wieder neu kreiert.“
Man sagt „ich bin ein Kinder 80er“ und meint, dass uns diese Zeit besonders geprägt hat. Wie sehr haben wir zu Beginn des Jahres auf dieses 2020 als die neuen goldenen 20er gehofft – und wie anders ist es geworden. Zurück in die Zukunft, Die Frau des Zeitreisenden, 1984, Apokalypse… Sie ist lang die Liste der Filme und Bücher, die sich mit Zeitreisen und dem Ende der Zeit beschäftigen.
Uns gefällt die Erklärung für das Zeitphänomen so ganz gut: Unsere Wahrnehmung von Zeit ist der Spiegel dafür, wie viele neue Dinge wir im Gedächtnis speichern. Wir nehmen sozusagen nur die Zeit als solche bewusst wahr, in der wir etwas Neues gespeichert haben. Dadurch, dass wir mit der Zeit immer weniger neue Erfahrungen machen, nehmen wir diese Zeit weniger wahr und sie scheint somit geradezu „verflogen“ zu sein.
Das ist doch ein großartige Möglichkeit und eine Aufforderung, sich gegen das Gefühl dahin fliegender Zeit zu wehren – öfter mal was Neues erleben!
Kochen
Und damit erklärt sich das Phänomen des „Was koche ich heute“ fast gleich mit. Denn es ist dann wohl die Routine, die uns den Spaß nimmt. In 10 Minuten etwas Tolles auf den Tisch zu zaubern – unzählige Rezepte unter der Kategorie „schnell und lecker“ wollen uns das weiß machen. Sicher gibt es auch den ein oder anderen Quickie auf dem Küchenherd. Essenstechnisch. Unsere Kindheitsklassiker sind Pfannkuchen, strammer Max und Linseneintopf.
Aber für die meisten Gerichte und deren Zubereitung braucht es dann doch Zeit. Und neue Ideen. Ob nach Rezept oder aus dem Bauch heraus – richtig gut wird es erst, wenn wir es köcheln lassen, abschmecken, nochmal nachwürzen und ganz viele verschiedene Komponenten kombinieren. Kochen regt die Kreativität an und dient als Ausgleich genauso wie Malen, kreatives Schreiben oder Musizieren. Wenn wir ehrlich sind – die Zeit die wir am Smartphone oder vor dem PC verbringen könnten wir genauso gut ins Kochen investieren.
Job
Wann ist endlich Feierabend? Die Frage stellt sich doch selbst der größte Workaholic einmal und auch Selbstständige haben sicher mal die Nase voll vom Job. Wenn Montagfrüh der Wecker klingelt, stehen viele nur widerwillig auf: knapp 42 Prozent der Befragten in einer Umfrage der Startup-Initiative MondayMakers gab an, montags nicht gern zur Arbeit zu gehen. Die Gründe dafür sind vielfältig, bei den meisten (34,9 Prozent) liegt es aber an der Bezahlung, die sie für nicht angemessen halten. Bei 32,6 Prozent ist Stresslevel oder Druck zu groß und 30,7 Prozent fehlt die Wertschätzung für Geleistetes. 11,3 Prozent finden, dass es grundsätzlich nicht passt. 7,1 Prozent sagen, sie mögen grundsätzlich keine Arbeit.
Na ja, das mit dem „grundsätzlich keine Arbeit zu mögen“ wird jetzt schwierig hier. Und ob man die knapp 35%, die ihre Bezahlung für nicht angemessen halten, wirklich monetär dazu bewegt, für ihren Job zu brennen – das bezweifeln wir. Aber über 60% stress- und wertschätzungsbedingte Job-Unlust – die sind bemerkenswert. Da brennt keiner für den Job oder – noch schlimmer – man verbrennt sich für eine Tätigkeit, die nicht erfüllt.
Learning
Es geht bei jeder Sache, für die wir brennen, um den Erlebnisreichtum. Zeit verfliegt, wenn sie reich an (unerwarteten) Erlebnissen ist und kriecht, wenn wir auf ein bestimmtes Ereignis warten. Entschleunigung hat darum viel mit Erlebnisreduktion zu tun. Zumindest mit der Reduktion äußerer Einflüsse. Die innere Uhr bestimmt den Takt. Und die schlägt regelmäßig – denn das ist der Puls der Zeit. Der Herzschlag. So stetig, konstant und unbeirrbar wie nichts sonst.
Wir brauchen Zeit um für etwas zu brennen. Bewusst etwas nicht zu tun heißt nicht sich zu langweilen, sondern aufzutanken für eine Zeit, in der wir wieder für etwas Neues brennen. Manchmal hilft da ein Auszeit, ein Ortswechsel oder aber auch ein Jobwechsel. Mehr Neues wagen macht Zeit auf jeden Fall prägender. Positive Erlebnisse lassen den Rückblick auf verflogene Zeit leichter werden. Erwartungen auf Dinge in der Zukunft, für die wir brennen, machen uns mutiger und zeitbewusster. Für Dinge, für die wir brennen, entwickeln wir eine Leidenschaft. Und ganz ehrlich – die sollten wir für unseren Job auch haben oder? Denn mit ihm verbringen wir ja doch ganz schön viel Zeit.
Wofür wir brennen?
Tatsächlich genau dafür: für bewusst investierte Zeit. In den Job, die Familie, die Hobbies. Das gelingt mal besser und mal schlechter. Aber wir erinnern uns gegenseitig daran weniger von dem zu machen, was Zeit verschwendet. Dafür ist sie viel zu kostbar – auch wenn wir ihr Wesen so wenig begreifen können.