„Du bist echt null Multitasking!“

Das war der Auslöser für eine spannende Diskussion im Team in dieser Woche. Denn irgendwie wird Multitasking ja mit etwas Positivem in Verbindung gesetzt – mit der Fähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig erledigen zu können und damit folglich ein bisschen besser, effizienter, erfolgreicher zu sein.

Wir sind es gewohnt neben der Mail noch einen Telefonanruf anzunehmen, im Meeting per WhatsApp zu kommunizieren, die Inhalte eines Vortrags gleichzeitig zu googlen und das Brötchen über der Tastatur zu essen, während schnell noch die Präsentation animiert und dem Kollegen im Vorbeigehen der nächste Auftrag zugerufen wird. Und das finden wir gut, busy, beschäftigt, zeitgemäß.

Vielleicht aber auch einfach schludriger, weniger fokussiert und oberflächlich?

Grund genug der Frage nachzugehen, was denn nun dieses Multitasking ist.

Multitasking – Definition

Unter Multitasking versteht man im Allgemeinen die Fähigkeit, mehrere Aufgaben gleichzeitig oder parallel zu einander zu erledigen.

Dem Wort nach handelt es sich dabei um eine Zusammensetzung aus dem Lateinischen (multi = viele) und dem Englischen (task = Aufgabe). Und ursprünglich stammt der Begriff aus der Computerwelt, wo am PC mehrere Tasks in Folge bearbeitet werden.

Können wir das also auch, wie ein Computer mit zunehmend unbegrenztem Arbeitsspeicher,  beliebig viele – oder zumindest mehrere – Tasks zeitgleich bearbeiten?

Multitasking – Psychologie

Um das genauer zu untersuchen hilft es, sich von den reinen Prozessen zu lösen und mal etwas tiefer in unser Gehirn abzutauchen. Denn nicht alle Tätigkeiten sind gleich anspruchsvoll für unser Gehirn: Einige erfordern Aufmerksamkeit von uns, andere laufen automatisch ab. Apropos LAUFEN: wenn wir das einmal gelernt haben, dann ist dies keine Aufgabe mehr, die unserem Gehirn Arbeit macht. Während wir laufen, können wir also sehr gut telefonieren, einen Kinderwagen schieben, ein Marketingkonzept entwickeln.

Umgekehrt gilt: wenn wir das Laufen zum Beispiel durch eine Krankheit oder einen Unfall verlernt haben, dann benötigen wir unsere gesamte Hirnkapazität, um es wieder zu erlernen. Dann machen wir genau nichts nebenbei. Und gerade weil wir wissen, dass laufen eigentlich eine selbstverständliche Tätigkeit ist, fällt es uns so schwer unsere Beschränkung zu akzeptieren. Wir realisieren erst, was selbstverständlich ist und was nicht

Je anspruchsvoller also eine Tätigkeit, desto weniger multitaskingfähig sind wir. Und was genau für uns anspruchsvoll ist, ist individuell sehr verschieden.

Multitasking – gut oder schlecht?

Grundsätzlich gilt: wenn wir zwischen anspruchsvollen Aufgaben ständig hin und herwechseln, dann verbrauchen wir Energie. Und zwar mehr Energie, als wenn wir uns zunächst auf die eine und dann auf die andere Tätigkeit konzentrieren würden. Gleichzeitig dem Problem eines Kollegen zuzuhören und einen Termin mit den Geschäftspartnern in den USA zu vereinbaren – geht nicht. Irgendwo bleibt etwas auf der Strecke. Oder wir machen es nochmal.

Was geht: neben Tätigkeiten, die uns in Fleisch und Blut übergegangen sind, laufen wir in Sachen Multitasking zu Höchstformen auf. Weil eben komplett unterschiedliche Hirnregionen aktiviert werden. Das Kneten eines Brotteiges kann also durchaus hilfreich sein beim Lösen einer mathematischen Gleichung (sofern wir das im Kopf können). Routine trifft auf komplexes Problem.

Je weniger Arbeitsspeicher wir für eine Aufgabe benötigen, desto mehr ist frei für eine neue. Und da liegt die Crux: der menschliche „Arbeitsspeicher“ leidet unter seiner beschränkten Kapazität: mehr als sechs bis neun Informationseinheiten können die Allermeisten nicht behalten. Und wenn wir beim Speichern dieser Zwischenschritte von einer völlig anderen Information überrascht werden – dann ist das quasi wie die DELETE Taste. Wir starten von vorne. Da sind uns Rechner klar im Vorteil.

Multitasking – Mann oder Frau

Auch das ein Aspekt unserer Diskussion im Team: Frauen sind eher multitaskingfähig als Männer. Kann sein. Wenn Frauen viele Tätigkeiten so gut können, dass das Kleinhirn sie nebenbei abarbeitet, dann hat das Großhirn Platz für anspruchsvolle Aufgaben. Tatsächlich aber hat eine Studie der Stanford University aus dem Jahr 2009 keinen Unterschied in der Multitaskingfähigkeit zwischen Männern und Frauen festgestellt.

Eines allerdings ist sicher: Menschen können unterschiedlich schnell zwischen Aufgaben wechseln. Und je rascher und strukturierter sie das tun, desto eher wird dies mit Multitasking gleichgesetzt. In Wahrheit reihen sich Prozessschritte in engerer Dichte aneinander. Und hier mögen tatsächlich Frauen einen Vorteil gegenüber Männern haben. Und wer ist Schuld dran? Klar: die Hormone! Während Frauen (Achtung – jetzt kommen statistische Mittelwerte!) dann Vorteile haben, wenn es um sprachliche Fähigkeiten geht, haben Männer die Nase im räumlichen Denken vorn. In vielen Multitasking-Zusammenhängen – oder besser in komplexen Teamstrukturen – sind kommunikative Fähigkeiten das A und O. Den analytischen Aufgaben wird per se mehr Zeit außerhalb von Meetings, Diskussionen und ad hoc Entscheidungen eingeräumt. Damit sind Frauen dann im Spiel, wenn darum geht, die unterschiedlichsten Kommunikationsstränge zu verfolgen, Themen zu verknüpfen und durch aktives Zuhören Ergebnisse abzuleiten. Räumliches Denken hingegen ist etwas, was nicht unbedingt in genau solchen Situationen zum Tragen kommt. Aber nicht weniger wichtig für den Gesamterfolg ist.

Die Fähigkeit, gleichzeitig das Kind zu schaukeln, mit dem Kunden zu telefonieren, die Legosteine einzusammeln, eine Waschmaschine zu beladen und dabei unglaublich gut auszusehen ist also nur eine perfekte Abfolge zeitlich gut terminierter Prozesse. Kein Multitasking. Und Frau und Mann gleichermaßen möglich.

 

Multitasking im Team

Wir haben im Team beschlossen, dass es wichtig ist Aufgaben konzentriert zu erledigen. Gleichzeitig rechts schielend die WhatsApp Chats im Auge zu haben, den Hit im Radio mit zu summen und ein Angebot zu erstellen funktioniert nicht – so verlockend sich das anfühlt. Genau aus diesem Grund haben wir neben den Teambüros kleine Räume, in die man sich zurückziehen kann. Denn auch das Arbeiten in Open Spaces erfordert eine Art Multitasking: Die Gespräche anderer und der Blick zum Kollegen müssen so sehr nebenbei ablaufen, dass der Fokus bei der eigenen Aufgabe bleibt. Und wenn das funktioniert, dann kann man auch ein Ohr und ein Auge auf die Projekte nebenan werfen. Denn auch wenn es Multitasking als solches nicht gibt gilt: wir können unser Hirn trainieren. Je mehr Aufgaben es als wiederkehrend abgespeichert hat, desto mehr neue können wir hinzunehmen.

Teamtasking

Konzentriere dich auf eine Sache und mache sie so gut wie möglich! 

In unserer Welt, in der Multitasking ein Wunsch und Multibeschallung die Realität ist, ist das die eigentlich wichtigere Kompetenz: zu wissen, was man selbst gut kann, wer was im Team gut kann und wie wir gemeinsam mit unseren Fähigkeiten die multiplen Tasks am besten erfolgreich lösen – das ist für uns sinnvolles Multitasking. Als Team.