Drei Jahre – wie schnell die Zeit verfliegt. Nicht zuletzt die unsere Lunchtalks während Corona haben uns noch einmal selbst reflektieren lassen, wie wir arbeiten, was sich im Bereich Jobsharing entwickelt hat, wie wir uns entwickelt haben. Zum Abschluss der Woche also einmal ein Rückblick und ein Ausblick auf geteilte Führung, auf – wie wir auch diese Woche gelernt haben –“100% Jobshare gleich 200% Mindshare.“
Jobsharing-Tipp 1: Teamwork
Wir haben mit unserem Team jede Menge gelernt. Einfach machen und von Null starten – das war unsere erste Idee. Damit haben wir nicht nur Jubel ausgelöst. Ein hierarchisch geführtes Team organisiert sich nicht plötzlich selbst, sprudelt kreative Ideen hervor, für die es selbst verantwortlich zeichnet. Wir machen nicht plötzlich Fehler, probieren uns aus, arbeiten anders.
Strukturen geben Sicherheit. Also haben wir heute wieder regelmäßige Meetings mit Protokoll und Teameinsätze werden wenn nötig auch „von oben herab“ bestimmt. Klar diskutieren wir im Team, möchten jedem gerecht werden, motivierte Ideen nutzen – aber manchmal braucht es auch einen Entscheider. Nicht immer uns, aber einen, der einen Plan hat.
Jobsharing-Tipp 2: Meetings
Interne Meetings im Professorenkreis, in Gremien, in den „alten“ Hierarchien… Das war am Anfang echt eine Herausforderung. Warum seid Ihr hier immer zu zweit? Kostet das nicht einfach doppelt so viel (Geld)?
Es war aus Akzeptanz und Sichtbarkeitsgründen genau dieser Weg notwendig. Inzwischen machen wir 3 stündige Meetingmarathons in der „alten Welt“ nur noch getrennt mit. Weil wir zwar unseren Bereich neu aufgestellt haben, aber noch lange nicht das Gesamtunternehmen (und das scheint auch utopisch).
Wir sind als Doppelt akzeptiert und anerkannt, auch wenn nur einer von uns auftaucht. Intern ist das der größte Erfolg.
Jobsharing-Tipp 3: Arbeitszeit
Die Diskussion um doppelte Zeit = Zeitverschwendung.
Oft haben wir die geführt. Ein Vorgesetzten – Stellvertretersystem wäre auf unserer Position erstaunlicher Weise absolut „normal“. Es würde vermutlich gleich viel kosten – aber aus unserer Sicht viel weniger erfolgreich sein.
Reibungsverluste durch Machtkämpfe sind – so erleben wir es immer wieder – in hierarchischen Systemen an der Tagesordnung. Bei uns sägt keiner gegenseitig am Stuhl des anderen. Und durch die Komplexität des Teams erstaunlicherweise auch sonst niemand.
Wir arbeiten beide nach wie vor vertraglich vereinbart 40 Stunden pro Woche. Aber mit einer enormen Freiheit – da wir uns durchaus gegenseitig vertreten können. Immer mit vollem Wissen, weil wir in ständigem Austausch sind. Das kommt dem Team zugute – und auch der Familie. Weil Stunden letztlich nicht mehr unsere Messgröße sind, sondern Ergebnisse, Ziele und Ideen.
Jobsharing-Tipp 4: Wissen
Neue Themen sind keine zusätzliche Belastung – weil immer gleich ein Austausch stattfinden kann und wir neue Projekte zu zweit durchdenken und strukturieren können. Und weil wir somit auch ein doppelter Rückhalt für das Team sein können, wenn doch einmal Angst vor Veränderung aufkommt – was in unserer komplexen Welt ja ganz normal ist.
Nebenbei: im Doppel lässt sich auch ein berufsbegleitendes Masterstudium auf Führungsebene zeitlich einbauen. (Ob wir am Ende auch einen Doppeltitel bekommen ;-)? Neben Vertrauen ist nämlich auch Rücksicht ein wertvolles Prinzip der Zusammenarbeit. Tatsächlich haben wir lange nicht so viel gelernt wie in den letzten drei Jahren, weil es gemeinsam spannender ist neue Themen anzustoßen.
Jobsharing-Tipp 5: Kommunikation
Das A und O. Zwischen uns, mit dem Team, zwischen Standorten.
Selbst bei so enger Zusammenarbeit wissen wir ganz genau, dass mal schnell den Hörer in die Hand zu nehmen viel sinnvoller ist als ein Mailmarathon.
Prozessbeschreibungen sind wichtig. Das war es dann aber auch an Vorteilen schriftlicher Arbeitsanweisungen. Wir kennen alle die vier Botschaften einer Nachricht. Das auf ein Team mit 40 Personen hochgerechnet zeigt die Brisanz, die jede Mail haben kann, zu der sich niemand direkt ausgetauscht, angeschaut, zugehört hat.
Jobsharing-Tipp 6: Vertrauen
Für uns beide der Kern der Zusammenarbeit. Auch „gegen den Rest des Unternehmens“, da es uns doch auch zumindest in den Anfängen immer wieder passiert ist, dass man versucht hat uns getrennt zu erwischen, gegeneinander auszuspielen, es erst bei einem, dann beim anderen versucht hat.
Daher geht für uns auch nichts am Prinzip vorbei, Mitarbeitergespräche ausschließlich gemeinsam zu führen. Damit wir die Zwischentöne hören und auch noch aus einem ganz anderen Grund: Wertschätzung – das Team hat uns als Doppel angenommen, das möchten wir auch mit doppelter Wertschätzung zurückgeben. Nicht nur dann, wenn es um immer wieder neue Projekte und Herausforderungen geht, sondern auch, wenn es um Reflexion und Dank geht.
Jobsharing-Tipp 7: Führung
Ganz erstaunlich – aus der externen Perspektive ist die Akzeptanz sehr groß. Im XING New Work Forum Spielraum war es sofort Thema – das Handelsblatt hat uns unter „agilem Management“ interviewt, ein Podcast zu agiler Führung steht ebenso an wie ein Radiointerview. Ein bisschen Exoten, ein bisschen NewWork, vielleicht (hoffentlich) auch ein Beispiel, dass es dieses „neue Management“ wirklich gibt und Führungskräfte wie Teams sich auf neue Modelle einlassen.
Jobsharing Killer… : Barrieren
Gehalt… die Ausrede „ihre seid ja zu zweit, dann geht nicht so viel“ können wir nach wie vor nicht akzeptieren. Da treffen NewWork und alte Struktur immer wieder volle Kanne aufeinander. Passt ja ganz gut, wenn die Ausrede „das Ihr zu zweit seid kennt man im Konzern so nicht“ als Argument gezogen werden kann. Inhaltliche Gegenargumente fehlen dagegen – manchmal wünschen wir uns schon, dass die Begründung gegenüber dem Konzern da heißen würde: Das ist halt neu, aber gut!
Und von Zeit zu Zeit soll immer noch nur einer von uns in ein Projekt gezogen werden. Wie gut, dass die gemeinsame Mailadresse das inzwischen weitestgehend abblockt.
Ausblick
Jede Minute, jede Diskussion auch weit über „normale“ Arbeitszeiten hinaus und über alle Instanzen hinweg haben sich definitiv gelohnt. Dafür, dass es neue Modelle der Zusammenarbeit gibt, dass wir sie kreativ mitentwickeln dürfen und dass wir uns so vielfältig darüber austauschen können. Mit einer tollen Community in den sozialen Netzwerken, aber auch in so vielen neuen Begegnungen darüber hinaus.
Dabei stellen wir immer wieder fest: Wir sind als „gemischtes“ Doppel immer noch ein Sonderfall. Das passt nicht in jede Struktur – noch nicht mal bei NewWork-Plattformen 😉
Darauf, wie es läuft und was wir inzwischen über den eigentlichen Führungsjob hinaus aufgebaut haben, sind wir absolut stolz. Ein Sonderfall möchten wir aber zumindest was die Teamkonstellation angeht nicht bleiben. Wir freuen uns über Austausch, Nachahmer und Mitdenker.