„Ich führe ein erfolgreiches kleines Familienunternehmen“
15 Jahre ist es inzwischen her, seitdem ein bekanntes Staubsaugerunternehmen (das nachfolgende Kochwunder war damals noch unbekannt) mit diesem Satz in der Werbung für Furore sorgte. Während es zu der Zeit die Wichtigkeit der Unternehmensführung zuhause in den Mittelpunkt stellen wollte, klingt es heute schon echt angestaubt – weil eben die Frau das Familienunternehmen und der Mann das „richtige“ Unternehmen führt. Rollenklischees par excellence…
Würde das heute noch funktionieren?
Allein mit dem „Frau – Mann“ Bild zu spielen? Und einem sehr eindimensionalen Familienbild? Vermutlich nicht. Hoffentlich nicht. Bitte nicht. Und deswegen ist es auch genau das NICHT, was uns aktuell über den Slogan hat stolpern lassen
Dahinter steckt noch etwas ganz anderes. Nicht nur die Frage, ob es wichtiger und wertvoller ist, ein Unternehmen zu führen, das Profit abwirft und Arbeitsplätze schafft als eines, dass „nur“ Menschenleben und Zukunft hervorbringt (egal ob von wem)…
Man kann auch noch eine ganz andere Aussage hineinlesen:
In der deutschen Gesamtbevölkerung macht die Gruppe der Selbständigen lediglich sechs Prozent aus.
Wir gründen zu wenig.
Wenn es aber den oder die Familienmanager/in tatsächlich gibt, dann gründen wir doch ständig!?
Wo wir auf der einen Seite scheinbar absoluten Respekt davor haben, das finanzielle Risiko, den zeitlichen Aufwand und den Mut einer Unternehmensgründung aufzubringen, gründen wir mutig, überzeugt und selbstbewusst Familien und meinen auch, diese führen zu können. Wir machen uns Gedanken darum, ob wir Führungskompetenzen haben, einen Businessplan erstellen können oder die richtige StartUp Idee haben, sind uns aber total sicher, wenn es um Familienplanung, Hausbau und Nachwuchs geht. Und das oft gleich noch mehrfach im Leben. Selbst wenn es scheitert – man versucht es nochmal. Wider besseren Wissens? Aus Überzeugung? In der Hoffnung auf den einen wirklichen Erfolg?
Über 3.000 deutsche Startups gingen 2016 pleite. Das reizt natürlich überhaupt nicht dazu, ein eigenes Business aufzubauen, Geld in die Hand zunehmen, eine Idee weiter zu spinnen, sich Verbündete, Partner und Mitstreiter zu suchen. Es lässt uns nach (vermeintlich) sicheren Jobs mit geradlinigen Karrierewegen streben. Mit Namen renommierter Unternehmen um uns werfen. Statussymbole vorzuweisen – mein Dienstwagen, mein Firmenhandy, zukünftig vielleicht auch noch: mein Tischkicker… Diejenigen müde belächelnd, die so schräge Ideen haben, die doch augenscheinlich nichts bringen können und immer so ein bisschen nerdig rüberkommen.
Scheiden & Scheitern
Aber es wurden in genau diesem Jahr auch 162.397 Ehen geschieden. Finden wir es aus diesem Grund gefährlich, risikoreich und existenzbedrohend zu heiraten, eine Familie zu gründen? Gar Kinder zu bekommen, zu adoptieren, Eltern zu Schwiegereltern und Geschwister zu Schwägerinnen und Schwagern zu machen? Da denken wir sehr egoistisch an uns selbst und eine zweite Person. Wir wagen und planen, wo es eigentlich auch keine Jobgarantie als Ehepartner gibt.
Und nein – war wollen hier keinesfalls das Gründen einer Familie hinterfragen, wir wollen auch nicht diskutieren, ob es einfacher ist sich an Menschen zu binden und sich wieder zu trennen als ein Unternehmen zu gründen und den Durchbruch eventuell nicht zu schaffen. Wir setzen Mitarbeiter frei – im Fall großer Unternehmen unter erheblichem öffentlichen Protest; aber wir setzen viel häufiger Kinder frei – von der Familienkonstellation. Kaum einer protestiert.
Unsere Intention ist eine ganz andere:
Wenn man eine private Partnerschaft eingeht, dann tut man das in der Regel aus völlig irrationalen Gründen. Aus nur einem Grund – aus Liebe. Aus dem gleichen Grund bekommt man Nachwuchs, nimmt den Kredit für das gemeinsame Haus auf, skizziert die Zukunft zusammen, plant, rechnet, spinnt rum, ist motiviert, überschwänglich und voller Tatendrang.
Wenn man sich einen Job sucht, wägt man rationale Gründe gegeneinander ab – passt das Gehalt, passt es inhaltlich zu mir, kann ich die Anforderung erfüllen, ist der Arbeitsweg machbar, sind die Rahmenbedingungen in Ordnung, mache ich das ein, zwei, fünf Jahre?
Oft wechseln wir von der inneren Stimme auf ganz viele äußere Kriterien. Wir passen uns an – manchmal stärker, als wir es für eine private Beziehung bereit wären zu tun.
Und dann das: nach wie vor machen die Privatinsolvenzen das drei- bis vierfache der Unternehmensinsolvenzen aus.
Was eigentlich hindert uns daran mutiger zu gründen?
Wir suchen nicht nach dem Job, den wir lieben. Wir suchen nicht nach dem Traum für´s Leben, nach dem, was wir für immer (oder für uns selbst ganz egoistisch) wollen, was unsere Zukunft ist, was wir ein Leben lang machen wollen, in guten und schlechten Zeiten.
Wir gehen kein Risiko ein.
Dabei haben wir das Gründer-Gen doch irgendwie alle in uns – eine Familiengründung, wenn wir sie ernsthaft als solche sehen wollen – erfordert mehr Engagement, mehr Vertrauen, mehr Courage und auch mehr finanziellen Einsatz als die meisten Unternehmensgründungen.
Wir haben die Familiengründung beide vor der der Existenzgründung „hinter uns“. Wobei es auch ganz anders hätte laufen können – der eine wäre längst selbständig, die andere nie. Auch mit der Familienplanung hätte es sich vermutlich ganz anders verhalten.
Daher ist genau das die Intention dieses Artikels: Gründet, wenn Ihr Lust drauf habt, wenn Ihr das Risiko ungefähr einschätzen könnt, vor allem aber, wenn Ihr mit Kopf und Herz dahinter steht. Am besten auch dann, wenn Ihr gleichberechtigte Partner an der Seite habt, denen Ihr vertraut, die Euch kritisieren, bestärken, reflektieren und mit denen Ihr wachsen könnt. Es gibt nicht den idealen Zeitpunkt vom Alter, Status oder Ausbildungsstand her gesehen.
Es gibt nur den möglichen Zeitpunkt.
Versucht zu planen, was planbar ist, versucht zu kalkulieren und nicht blind in finanzielle Risiken zu laufen. Aber seit auch mutig und hofft auf den ganz großen Erfolg, den ganz großen Durchbruch. Kämpft dafür.