Damit haben wir kürzlich einen Blogartikel beendet. Und wir sind überzeugt davon, dass #sharingiscaring mehr als ein Buzzword ist. Aber ist das wirklich so? Ist unsere Arbeitswelt wirklich (schon) bereit bedingungslos zu teilen?
Arbeitsteilung
So ganz neu ist die Idee des Teilens ja nicht. Sonst würden wir ja heute immer noch jeder alleine unser Brot backen, das Gemüse anbauen, das Dach decken und Kleidung nähen. Was sich für uns nach verklärtere Vorstellung „back tot he roots“ anhört, war vor der Industrialisierung harter Arbeitsalltag – jeden Tag. Sieben Tage die Woche. Arbeit untereinander aufzuteilen war also ein absolut sinnvoller und effizienter Schritt hin zu mehr Produktivität und Leistung. Und – mit einiger zeitlicher Verzögerung – auch hin zu mehr Freizeit.
Mit dieser Arbeitsteilung sind für den Menschen zwei Dinge entstanden: Die Trennung zwischen Arbeitszeit und Freizeit sowie die Trennung von Aufgaben.
Wir haben dann nach Adam Smith so lange geteilt, bis wir gar nicht mehr wussten, was links und rechts von uns passierte. Der Extremfall ist der der Fließbandarbeit, bei der wirklich völlig sinnfrei immer nur ein und dieselbe Aufgabe bearbeitet wird. Oftmals – und das ist in weiten Teilen unserer internationalen Arbeitswelt noch absolut üblich – ohne zu wissen, wie das Endprodukt aussieht, was damit passiert und welchen Beitrag zur Wertschöpfung man eigentlich leistet.
Die Arbeit beginnt mit dem ersten stupiden Handgriff und endet mit dem letzten. Eine klare Teilung. Mit Gewinn für den Wohlstand. Allerdings ohne Mehrwert. Zumindest ohne persönlichen Mehrwert.
Work Life Balance
Ein Zeitsprung in die letzten 20 Jahre – Work Life Balance ist das Postulat schlechthin. Jahrelang wurde die Arbeitszeit zugunsten der Freizeit reduziert – freie Wochenenden, kürzere Wochenarbeitszeiten, Tarifverträge, Betriebsräte. Die meisten Diskussionen drehten und drehen sich um die Veränderung der Verhältnisse von Arbeits- zu Freizeit. Beides sind Gegenpole. Work Life Balance gibt dem nun einen „rosafarbenen“ Anstrich. Die beiden Pole sollen sich nicht mehr abstoßen sondern anziehen. Wir entwickeln Programme, die uns während der Arbeitszeit ein Stück Freizeit vorgaukeln und umgekehrt. Im Extremfall führte dies in den späten 90er Jahren (uns sicher auch bis heute noch) zum perfekten LifeStyle Tag – idyllisches Frühstück mit der Familie (muss sein!), Arbeitstag mit Joggingrunde in der Mittagspause, Sitzball statt Bürostuhl, chilliger Afterwork Ausklang mit den Kollegen und dann wieder gemeinsames Familienabendessen. Ein Idealbild – eine ideale Zeitaufteilung. Sehr durchgetaktet und sehr störanfällig und nur für wenige Menschen Realität. Und das Bild der Hausfrau aus den 50er Jahren wurde durch die Teilzeitmutter ersetzt – neu geteilt.
New Work – neue Arbeitszeit
Digitalisierung – jetzt ändert sich noch einmal alles. Wir müssen (uns) gar nicht mehr teilen. Wir können jetzt alles auf einmal machen. Wir können an einem Platz arbeiten und frei haben. Sogar Frau und Mann 🙂 Wir leben einfach. Und wir stellen gleichzeitig fest, dass die individuellen Vorstellungen einer Arbeitseinteilung, einer Work Life Balance und einer NewWork Kultur absolut unterschiedlich und diffus sind. Wir versuchen den Entwicklungen immer wieder neue Begriffe zuzuordnen. Work Life Blending heißt das nächste Level. Wir brauchen den Tischkicker und den Wasserspender im Büro fast gar nicht mehr, weil wir ja dort nicht mehr sind. Und letztlich sind wir wieder nahe am (beruflichen) Selbstversorger. Wir könnten aus unserem Wohnzimmer heraus alles erledigen. Wir bauen auch wieder Biogemüse im Garten an. Und wir sind gleichzeitig absolut vernetzt. Teilen ohne Silo – das ist unser ganz phantastischer Fortschritt!
Wer teilt bekommt mehr
Das wirklich zu verinnerlichen heißt eben auch, am Anfang mehr zu geben, auch mal zu viel zu geben und vor allem nicht automatisch eine Gegenleistung zu erwarten. Vielleicht schreckt auch das noch viele im Arbeitsleben ab – Respekt davor, dass für eine freiwillige Leistung dann doch irgendwann etwas verlangt wird.
Dass Wissen missbraucht werden kann, halten wir in den allermeisten Fällen für ein vorgeschobenes Argument. Denn wirklich einzigartiges Wissen ist doch inzwischen eher selten, wenn wir nicht in der geheimen Forschungsabteilung der Molekularbiologie oder Pharmaindustrie sitzen oder das Sicherungskonzept des nächsten Klimagipfels verantworten. In weitaus mehr Branchen kommen wir zu solchen neuen Spitzenleistungen und innovativen Projekten eher – nur noch? – gemeinsam. Wenn wir teilen. Input und – wenn es soweit ist – auch Output.
Netzwerk
Und diese Dimension der Arbeitsteilung nutzen wir doch noch viel zu wenig. Wir kommunizieren immer noch oft nur in eine Richtung, wir lehren und lernen in eine Richtung und wir führen in eine Richtung.
Es gibt Produzenten und Konsumenten von Wissen, aber viel zu wenige Wissensnetzwerker.
Und wo es sie gibt, da bleiben einmal etablierte Netzwerke oft auch wieder unter sich. Wir freuen uns über jeden Ansatz, der dies durchbricht (und davon gibt es inzwischen auch einige, das wollen wir nicht in Abrede stellen!). WOL-Zirkel, Blogparaden, Barcamps – das sind echte Wissensteiler. Unser #netzwerkblog ist auch so eine Idee. Und leider zeigt er uns aber auch genau, wie weit wir schon bereit sind Wissen zu teilen. Inzwischen haben fast 70 #netzwerkblogger ihr Wissen und ihre Story geteilt. Wir sind auf ganz unterschiedlichen Wegen zusammengekommen, mal dauerhafter, mal auch nur für einen Kurzauftritt. Wir haben aber auch manche Fäden verloren, weil vielleicht doch die „Angst“ vor Konkurrenz zu groß war. Das ist schade, aber eben auch die Realität unseres Arbeitsalltags, in dem die Einzelleistung oft noch so viel wichtiger ist als die einer Gemeinschaft. Wissensnetzwerke bringen keinen ROI und haben keine KPI. Aber sie leisten einen wirklichen Beitrag zum Wohlstand – der Gesellschaft und des Einzelnen.
Wir wissen, dass dies kein Abbild jeder Branche und jedes Berufsbildes ist – bei weitem nicht. Aber wenn wir konkrete Modelle einer neuen Arbeitsteilung aufzeigen, dann lassen sich daraus ja auch wieder solche für andere Zweige weiterentwickeln.
Vielleicht.
Sicher ist das nicht.
Aber wenn wir nichts versuchen und uns nicht vernetzen, dann ändert sich nichts. Das wiederum IST sicher!
Und dabei verlieren wir nichts – auch nicht an unserer eigenen Marke. Wir gewinnen. Wir werden mehr zum Original! Durch Vernetzung, Weiterempfehlung, durch Wissen. Nachhaltig, fundiert und gar nicht mal so laut. Sichtbarkeit hat nichts mit Schreien, mit Speerspitze und mit Alleingängen zu tun. Sichtbar werden wir durch und mit unserem Netzwerk!