#netzwerktalk mit Johannes Mairhofer
Okay – das mit der großen Speakerbühne ist jetzt momentan eher nicht so angesagt. Aber das Thema
ist uns in der letzten Woche quasi vor die Füße gefallen.
Ganz unbedacht haben wir einen (im Nachhinein eher oberflächlichen) Artikel geteilt, der sich mit
Diversität in Unternehmen beschäftigt. Vielmehr mit der Gleichstellung von Mann und Frau. Dabei ist
Diversität so viel mehr. Was genau – dafür haben wir uns dann mit einem Experten unterhalten.
Johannes Mairhofer war es nämlich, über den wir gestolpert sind und der uns zum Nachdenken
gebracht hat.
Weil wir finden dass das Thema tatsächlich immer noch viel zu kurz kommt. Marketingtechnisch
muss man es als Unternehmen auf dem Schirm haben und vor die Kamera halten – aber was kommt
dann?
Doppeltspitze: Johannes – erst ganz frisch sind wir uns in den sozialen Medien über den Weg gelaufen und nach 2 kurzen Wortwechseln haben wir Deine wunderbare Welt entdeckt – die Welt von SPEAKABELD. Aber bevor wir dazu kommen – sag uns kurz drei Sätze über Dich!
Johannes:
Moin und danke für die Idee und die Möglichkeit mich und das Projekt hier vorzustellen. Ich bin
Johannes und seit 2010 als freiberuflicher Fotograf selbstständig. Im laufe der Zeit kamen hier so
einige Projekte und Tätigkeiten dazu, mittlerweile bin ich neben der Fotografie auch als Berater für
z.B. WordPress tätig und gebe mein Wissen als Autor oder als Speaker weiter. Ich bin kein Fan von
„Schubladen“ oder „Blasen“ und versuche daher in so vielen wie möglich zu sein, dabei aber auch
nicht zu tief einzusteigen um auch wieder raus zu kommen.
Ein passender Begriff für mich ist wohl: „Allrounder“.
Doppeltspitze: Was bedeutet Diversity für Dich? Und benutzt Du eigentlich lieber den deutschen oder den englischen Begriff oder gleich einen ganz anderen?
Johannes:
Diversity bedeutet für mich Vielseitigkeit auf allen Ebenen. Gerade wieder ist mir aufgefallen, dass
diese Diversity von vielen Unternehmen auch als Marketing genutzt wird. Es gibt viele die sich selbst
feiern und in den sozialen Netzen für Diversity einsetzen. Wenn man genauer hinschaut ist es dann
aber oft so, dass es hier „nur“ um Mann/Frau Themen geht. Menschen anderer Herkunft oder
Menschen mit Behinderung sind hier selten inkludiert, zumindest wirkt es auf mich so.
Bei den Begriffen bin ich zwiegespalten, Diversity hat mehr Buzzword-Character und ist etwas
verbrannt durch Marketing-Sprech. Diversität klingt aber auch etwas deutsch-bürokratisch. Eigentlich
ist mir „Vielseitigkeit“ am liebsten.
Doppeltspitze: Wo findest Du wird wirklich Diversität gelebt?
Johannes:
ich glaube das kann man erst sagen wenn man nicht mehr drüber reden muss und es einfach normal
geworden ist.
Doppeltspitze: Was regt Dich in dem Zusammenhang richtig auf?
Johannes:
Zwei Dinge. Zum einen, dass der Begriff von Firmen so oft als Marketing-Instrument missbraucht wird
ohne es wirklich komplett ernst genommen wird.
Zum anderen aber auch „die andere Seite“.
Damit meine ich die „Verbissenheit“ einiger Aktivisten. Das ärgert mich tatsächlich immer wieder,
denn ich habe den Eindruck dass etwas mehr Humor und Lockerheit allen Seiten gut tun würde.
Für mich persönlich ist Humor sowieso der Schlüssel zum Glück und wer nicht über sich selbst lachen
kann, macht es sich eh selbst schwerer als nötig. Das ist wohl auch ein Mitgrund warum ich mich
selbst nicht als Aktivist sehen möchte.
Doppeltspitze: Jetzt aber endlich: Du hast SPEAKABLED ins Leben gerufen – was genau steckt dahinter und was ist Dein Ziel?
Johannes:
Wie Anfangs erwähnt bin ich ja neben der Fotografie auch immer wieder als Speaker auf Bühnen
unterwegs. Dabei ist mir aufgefallen, dass die Menschen mit Behinderung auf Bühnen quasi nicht
präsent sind. Und wenn man dann doch mal jemand mit sichtbarer Behinderung sieht, dann meist
nur über Behinderung sprechend. Häufig dann auch noch darüber, wie schlimm alles ist und wo die
großen Probleme liegen etc.
Dabei sind Menschen mit Behinderung genauso vielseitig wie Menschen ohne diese Eigenschaft und
haben Wissen über die verschiedensten Themen, dass sie auch gerne weitergeben.
Da ich jemand bin, der eher selbst etwas macht als nur zu schimpfen, habe ich mich informiert und
festgestellt dass es so eine Plattform tatsächlich nicht gibt.
Im Austausch mit speakerinnen und einigen Menschen mit Behinderung aus meinem Bekannten- und
Freundeskreis habe ich einen Testlauf gemacht und anschließend das Projekt einfach umgesetzt 🙂
Doppeltspitze: Einzelne Personen rauszupicken ist vermutlich schwierig, aber hast Du ein oder zwei Beispielstories für uns von Menschen hinter SPEAKABLED?
Johannes:
Es gibt keine Menschen dahinter, jeder der sich selbst in der Gruppe der Menschen mit Behinderung
sieht kann sich ein Profil erstellen. Potentielle Veranstalter können über die Plattform suchen und
direkt Kontakt aufnehmen. Es gibt keine Verbindung oder Kommunikationsmöglichkeit innerhalb der
Plattform, da mir das aus DSGVO, Datenschutz und allgemein rechtlichen Gründen zu aufwändig war.
Das Projekt läuft ja komplett frei und nebenbei, keiner verdient (mit der Plattform) Geld.
Gerade Anfangs hatte ich einige Hilfe, Ideen und Inputs bei der Umsetzung, es ist aber kein Team
dahinter.
Doppeltspitze: Wie aktiv seid Ihr, was wünschst Du Dir für SPEAKABLED in Sachen Zukunft und Sichtbarkeit?
Johannes:
Es gibt kein ihr, ich habe die Plattform initiiert und biete sie jedem der sie nutzen will. Aber ganz
bewusst will ich kein „Sprecher der Behinderten“ sein oder mich als Aktivist sehen.
Was ich mir aber sehr wünsche ist, wenn viel mehr Sprecher*innen mit Behinderung sich selbst
anmelden und die Idee verbreiten, sodass die Plattform intensiv genutzt wird.
Lieber Johannes, herzlichen Dank für das Kennenlernen – vielleicht sehen wir uns in Zukunft auf einer
Bühne oder wir reisen durch Deine Fotoreportagen. Vielen Dank für den Einblick in Deine Welt!
Und weil auch Herzensprojekte nicht nur von Luft & Liebe leben: https://www.paypal.me/speakabled