Sollte man meinen oder? Hochschulen, die Social Media Manager*innen ausbilden, Berufskollegs, die Bildungsgänge für Kommunikationsfachwirt*innen anbieten, Universitäten, an den Marketingpäpste lehren und zukünftige Führungskräfte lernen.

Und dann stößt man auf Bewerbungsverfahren aus der Hölle, auf Webseiten, die vor dem ersten Smartphone vermutlich noch ganz okay waren und in Sachen Social Media sehen Sie… dass Sie eben NICHTS sehen.

 

Zwischen Kommunikation, Schulmarketing, Hochschulberatung und Organisationsentwicklung

Das mag überzeichnet sein, aber im Gegensatz zum klassischen Unternehmen haben Schulen und Hochschulen den Bedarf an innovativen Kommunikations- und Marketingkonzepten noch lange nicht flächendeckend erkannt.

Während Geburtenzahlen sinken und Exzellenzinitiativen den Fokus auf einzelne Bildungshotspots in der Republik lenken, hofft ein Großteil der deutschen Bildungseinrichtungen darauf, dass der Markt den Zustrom an Schüler*innen und Studierenden regelt – oder der Staat.

Dabei kann es so anders aussehen: Schulen und Hochschulen konkurrieren um hochqualifizierte Fachkräfte und unsere wichtigste Ressource: den Nachwuchs. Da ist es geradezu sträflich die eigene Webseite, den Vertriebsprozess und den Social Media Auftritt zu vernachlässigen. Genau wie die eigene Organisationsstruktur. Denn auch die zahlt auf die Strahlkraft einer Organisation ein. Bildungseinrichtungen als attraktive Marken für Arbeitnehmer*innen und Lernende darzustellen. Das ist Bildungsmarketing der Zukunft. Das Geht weit über Hochschulmarketing mit dem Fokus junge Zielgruppe hinaus und bezieht Hochschulvermarktung ebenso mit ein wie Hochschulberatung.

 

Darf eine Bildungseinrichtung sich vermarkten?

Deutschland ist weit entfernt von etwa amerikanischen Bildungsverhältnissen, bei denen der Bildungsstandard zu einem erheblichen Teil vom Geldbeutel der Eltern abhängt, wenn man nicht eines der wenigen Stipendien an den wirklich guten Einrichtungen erhält. Es ist gut, dass Bildung in Deutschland einen hohen Stellenwert hat und darum öffentlich finanziert wird… oder? Eine Grundsatzdiskussion mag an der Stelle nicht zielführend sein. Sicher ist: private Bildungsanbieter sind seit Jahren auf dem Vormarsch. Vorrangig im Hochschulbereich, aber auch im Schulbereich. Schlechte Infrastruktur, Lehrermangel und kaum Praxisnähe (im Sinne von Employability) haben dazu geführt, dass unsere Bildungslandschaft sich verändert hat. 

Man mag das bedauern – aber es ist zum Teil ja auch hausgemacht. Denn fehlender Wettbewerb belebt eben weder das Geschäft noch den Innovationswillen. Und so ist der Unterschied zwischen der Außendarstellung privater (Hoch)Schulen und deren Präsenz auf Social Media und der öffentlicher Einrichtungen oft eklatant. Und ganz schnell ist man mittendrin im Teufelskreis aus sinkenden Schülerzahlen und sinkenden staatlichen Mitteln.

 

Darum: ja, eine Schule darf sich unbedingt vermarkten auch wenn – oder gerade wenn sie öffentlich finanziert ist. Denn mit diesen Geldern soll doch bitte tolle Bildung gefördert werden und nicht Mangelwirtschaft betrieben werden. 

Es soll Spaß machen hier zu lernen und zu lehren. Das darf man und muss man sehen! In Sachen Marketing und Employer Branding sollte es keinen Unterschied zwischen öffentlichen und privaten Bildungseinrichtungen geben. Nur so erhalten wir uns eine vielfältige und annähernd faire Bildungslandschaft. Die Nachfrage bestimmt dabei der Markt und an dem gilt es ganz nah dran zu sein. Es ist ja fast schon paradox, dass die Institutionen, an denen die Digital Natives die meiste Zeit verbringen, am wenigsten Ahnung von den Kommunikationskanälen ihrer Zielgruppe haben. Digitale Präsenz ist fast genauso wichtig wie digitale Lehre.

 

Wo kommuniziert die Zielgruppe?

Dabei geht auf der einen Seite um klassisches Marketing. Potenzielle Schülerinnen und Schüler informieren sich – jetzt erst recht – digital über Schulen und Hochschulen. Der virtuelle Schulrundgang in 360° ist also mindestens ebenso wichtig wie der Imagefilm, der Instagramkanal oder eine einladende Webseite.

Öffentlichkeitsarbeit – ob digital oder analog – an Schulen ist nichts, was die Informatiklehrerin in der Freistunde macht oder der Beratungslehrer in der Berufsorientierungs-AG. Sich als Schule oder Hochschule professionelle Beratung auf den Campus und den Schulhof zu holen ist der Weg der Zukunft. Die Anzeige im örtlichen Werbeanzeiger hat ausgedient – vor allem, weil sie inzwischen oft das Preisniveau einer soliden Webseite erreicht hat.

 

Employer Branding

Menschen folgen Menschen – das gilt für Bildungseinrichtungen erst recht. Woran erinnert man sich aus der Schul- und Studienzeit? An besonders gute oder schlechte Lehrkräfte, oder? Und darum ist es nicht nur wichtig gegenüber der Zielgruppe der Schüler*innen und Studierenden „gut auszusehen“, sondern als Organisation zu strahlen. Dazu gehört neben didaktischen Fortbildungen auch (Hoch)schulentwicklung mit einer Digitalisierungsstrategie, einer strategischen Organisationsentwicklung und einer Idee von Veränderungsmanagement. Auch Schule ist (nicht nur in den Lehr-Lerninhalten) von einer immer größere Veränderungsdynamik betroffen. Die ist das Zentrum der Veränderung selbst mit den dynamischsten Teilnehmenden, die unsere Gesellschaft zu bieten hat. Besser also wäre es, wenn sie Motor dieser Veränderungen ist. Denn immerhin hat sie mit den jungen Menschen das geballte Potenzial dazu!

Es braucht an Schulen und Hochschulen aber auch eine Kultur in Sachen Personal- und Teamentwicklung. Da geht es in oft noch klassischen Hierarchien um Führungskompetenz, um Kommunikation und auch um Personal- und Karriereentwicklung. Lehrberufe gehören längst nicht mehr zu den beliebtesten Zukunftsjobs. Das lässt sich nur ändern, wenn wir Rahmenbedingungen neu denken. Auch dazu gehören externe Coachings und Beratungen, die nicht aus dem Schulumfeld kommen. Weil unsere Zukunft nicht eindimensional und branchenspezifisch sein wird. Und weil Markt und Wettbewerb eben auch den Bildungssektor erreicht haben. Lern- und Lehrinhalte müssen auf dem neusten Stand sein – keine Frage. Aber Schule und Hochschule müssen auch Orte sein, an denen auf das echte Leben“ vorbereitet wird. Vielfalt im Unterricht und in der Struktur bedeutet offen zu sein für Beratung und Wettbewerb.

 

 

Ist die Bildungsbranche ein attraktiver Arbeitgeber? 

Es mag utopisch klingen, dass sich ein einem Beschäftigungssystem, das durch den Beamtenstatus geregelt ist, Wettbewerb durchsetzt. Ist doch die Bezahlung so transparent, dass manches Unternehmen davon im Sinne einer New Work oder New Pay Kultur träumen mag. Aber wenn es nun nicht mehr nur um die Bezahlung geht? Wenn es tatsächlich darum geht, dass es in der einen Bildungseinrichtung mehr Spaß macht zu arbeiten als in einer anderen? Dass Arbeitsplätze dort attraktiver sind, das Kollegium eine offenere Kommunikationskultur pflegt, Home Office sogar in der Lehre gedacht werden kann und echte Vereinbarkeit kein Fremdwort ist?

 

Hochschulmarketing und Schulmarketing sind längst mehr als der „Kampf“ privater Hochschulen um zahlungskräftige Studierende. Es ist das ehrlichste Marketing überhaupt. Zum Verkauf stehen Produkte, die Zukunft gestalten und Leben verändern können. Das hat einen gewaltigen Impact. Darum braucht es genau hier Marketingkonzepte, die unterschiedliche Zielgruppen im Fokus haben. Es braucht Beratung aus Branchen, die sich mit Wettbewerb, Arbeitgebermarketing und Hochschulcoaching auskennen. Die kein Blatt vor den Mund nehmen, weil der Schulträger so etwas vielleicht eh nie genehmigen würde oder die Dauer von Entscheidungsprozessen bis in den Elfenbeinturm hinein eh jedes Konzept im Keim erstickt.

 

Bildungsberatung ist Organisationsentwicklung im vermutlich komplexesten System was es gibt. Aber eben auch im wichtigsten – es geht um die Zukunft. Also seid doch nicht blöd!