Das Beste aus zwei Welten – so empfinden wir unsere Gratwanderung zwischen Angestelltenverhältnis und Selbstständigkeit. Eine luxuriöse Kombi wenn man so will. Der sichere Job mit dem festen Einkommen und die Selbstverwirklichung im eigenen Business.

Ein paar Haken hat die Sache aber doch. Der eine – der der begrenzten Zeit, den haben wir meist ganz gut im Griff. Viele Synergien nutzen, ein bisschen Workaholic sein und vor allem ganz viel gegenseitige Motivation. Der andere Haken ist aber gravierender.

Wir haben uns nämlich nicht selbstständig gemacht, weil wir zu viel Zeit haben oder unbedingt noch etwas nebenbei verdienen möchten. Wir haben uns selbstständig gemacht, weil mittelständische Unternehmen mit ein paar Jahren im Gepäck ganz schön eigen sind.

Ganz deutlich wird das, wenn wir die Produktentwicklung vergleichen.

 

Produktlebenszyklus

Den müssen wir an der Stelle wohl kaum erläutern. Auf die Phase der Einführung folgt die des Wachstums, danach die Reifephase, die der Sättigung und danach die der Degeneration. Soweit die Theorie. Dass solche Phasen je nach Branche zunehmend kürzer werden ist auch bekannt.

Unsere steile These nach dieser Woche: Die Art, die Geschwindigkeit und die Kundenzentriertheit der Produktentwicklung wird immer mehr zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor. Für produzierende Gewerbe mag das ein alter Hut sein – in der Wissens- und Dienstleistungsbranche wird immer noch – oder immer mehr – versucht mit Fertigprodukten zu handeln. Zertifikate, Coachings, Trainings mit möglichst hippen Namen aber gleichzeitig erschreckend standardisiert. Fatal, wenn man bedenkt, dass wir hier näher am Menschen, an individuellen Geschmäckern und customized Lösungen sein sollten.

 

Fertigprodukte

So hat unser „angestelltes“ Unternehmen ein  recht reifes Produktportfolio. Klar, daran wird immer wieder herumgeschraubt, die Zielgruppe betrachtet, neue Aspekte werden hinzugefügt. Aber es gibt schon auch eine Menge Fertigprodukte. Die sind besonders beliebt bei denen, die sie anbieten. Nicht aber bei denen, die sie konsumieren. Und was passiert jetzt? Diejenigen, die das Produkt noch kaufen, werden mit Händen und Füßen an ein solches reifes Produkt gebunden. Man möchte doch bitte mit diesem Fertigprodukt auf jeden Fall noch Geld verdienen.

Auch wenn neue Produkte – oder ehrlich gesagt gerade einmal Produktvarianten in der Pipeline sind – so richtig mag die keiner im Unternehmen. Dafür müsste man ja so viel ändern. Die Inhaltsstoffe, weil Fertigprodukte so viel Zucker und Kohlehydrate haben, den Produktionsprozess, weil auch die Verpackung ganz schön nutzerunfreundlich ist, und die Zubereitung, weil die Kunden am liebsten live an der Produktshow teilnehmen möchten. Das alles scheint sehr aufwändig. Dann müsste das Produkt viel teurer sein – weil es ja kein Fertigprodukt mehr ist.

Einer der Topseller früherer Jahre ist jetzt in der Phase der Degeneration angekommen. Und trotzdem zieht niemand den Schlussstrich. Da gab es doch den einen Kunden, der das Produkt immer mochte – vielleicht kommt der noch einmal wieder? Oder vielleicht legt es jemand aus Versehen in den Warenkorb, dann können wir es doch nochmal anbieten? Für einen Kunden lohnt sich das nicht? Dann lackieren wir ein bisschen um und packen ein Paket aus mehreren Ladenhütern.

Es ist traurig aber wahr – so viele Unternehmen halten an ihren Fertigprodukten fest. Sie bemerken den Verdrängungswettbewerb viel zu spät, weil sie immer noch die Wachstumsphase im Hinterkopf haben. Schlechte Zahlen können nicht am Produkt liegen – vermutlich funktionieren einfach die Menschen nicht mehr, die das Fertigprodukt vertreiben oder diejenigen, die es (nicht mehr) konsumieren.

 

Produktinnovation

Bei Doppeltspitze fragen wir uns immer wieder, was eigentlich unser Produkt ist. Ganz kritisch waren wir da oft ob des Bauchladens, den wir mit jedem neuen Kunden so angesammelt haben. Wir kennen unsere Kompetenzen und wissen, welches Handwerk wir erlernt und welche Erfahrungen wir gesammelt haben. Aber daraus entstehen die wenigsten unserer Produkte. Wir haben eigentlich kein einziges Fertigprodukt. Das mag für ein junges Unternehmen normal sein. Aber wir behalten das vielleicht auch genauso bei. Vielmehr behalten wir es nach dieser Woche auf jeden Fall so bei. Denn es kommen Menschen zu uns, die Wünsche und Vorstellungen haben.

Wir fragen uns dann, ob wir diese Wünsche erfüllen können. Mit den vorhandenen Kompetenzen, mit den eigenen Erfahrungen und denen unseres Netzwerks und vielleicht sogar durch Mut, Neugier und Lernen. Einfach mal machen, was man noch nie gemacht hat und drauf vertrauen, dass es gut wird. Selbstverständlich kommunizieren wir das den Kunden auch genau so – dass sie unsere „Versuchskaninchen“ im positiven Sinne sind, weil sie ein Exklusivprodukt bekommen.

Daraus kreieren wir dann das Produkt – maßgeschneidert. Nicht von der Stange. Weil für uns nicht das Produkt im Mittelpunkt des Produktlebenszyklus steht, sondern der Mensch.

Ganz ehrlich – das Ding heißt Lebenszyklus. Da muss ja wohl der Mensch im Fokus stehen.

 

Skalierbarkeit

Rechnet sich das? Kann man damit wachsen?

Inzwischen haben wir mit ein bisschen Erfahrung und dem Kompetenzset, das uns zur Verfügung steht, ein Teilfertigproduktsortiment. Aber wir achten streng darauf, dass es nicht zur Massenware wird. Und dass es nicht fertig wird. Dass die Zutaten handverlesen, echt und gesund bleiben.

Nicht erst im letzten halben Jahr dürfte uns allen klar geworden sein, dass Fertigprodukte keine gute Wahl sind, wenn Märkte wegbrechen. Dann ist ein Sortiment, das sich immer wieder neu kombinieren lässt und uns selbst zum Mitdenken fordert die bessere Option.

Denn ob sich unsere Produkte rechnen – auch das ist ein Näherungsprozess. Wir haben bestimmt schon einmal draufgezahlt bei einer ganz neuen Kreation. Aber die Weiterempfehlung, der Lerneffekt, die Erweiterung des Portfolios. Das alles lässt sich nicht wie beim Fixpreis des Fertigproduktes kalkulieren.

Darum möchten wir als Selbstständige gar nicht besonders skalierbar werden. Sicher sind Sichtbarkeit, Reichweite und Wachstum auch für uns Ziele. Aber unsere Produkte bleiben customized = angepasst. Aber nicht an die Vorstellungen eines Unternehmens, sondern an die der Kunden. Da ist irgendwo auf dem Weg der Produktentwicklung bei vielen Unternehmen etwas auf der Strecke geblieben. Wir können jedem Kunden in die Augen schauen für das, was wir ihm servieren – was wir gemeinsam kreieren.

 

Variation und Innovation

Die Grenzen zwischen Produktvariationen und Produktinnovationen sind dabei fließend. Wir haben nicht den Anspruch, dass jedes Angebot eine Innovation ist. Aber indem wir die Story der Kunden einbinden sind es doch erhebliche Variationen.

Als Angestellte haben wir diese Wahlmöglichkeit nur sehr eingeschränkt – und Mitdenken, das ist leider immer noch nicht überall gefragt, vor allem wenn es zu Mehrarbeit und nicht unmittelbar bekannten Produktergebnissen führt. Dem Geschäftsführer, den Wünschen des Vorstandes zuzuhören wenn es um Differenzierung, Weiterentwicklung und Wachstumsstrategien geht, ist im Unternehmen leider immer noch angesagter als dem Kunden zuzuhören. Dabei ist das gerade heute mit all den Social Signals, denen wir zuhören können, so viel einfacher geworden: Google kann uns sagen, was Kunden suchen, Bewertungsportale sagen uns, was Kunden an unseren Produkten nicht mögen.  Aber genau das nicht zu den Fertigprodukten passt, die man sich doch so wunderbar auf dem Reißbrett ausgedacht hat, dann hört man eben nicht mehr hin.

 

Lean, agil, im Sprint oder design thinking

Wir bleiben dabei: Wir arbeiten in einem Bereich, in dem Fertigprodukte keine Topseller mehr sein könne. Es wäre uns auch zu langweilig. Mit Sicherheit ist es weder für den Kunden einfach, ein Produkt zu kaufen, von dem er nicht genau weiß, wie es schmeckt, und es ist auch nicht leicht, dieses zu vermarkten. Aber wenn es zusammen passt, dann wird es eine sehr besondere Beziehung. Dafür sind wir gerne Produktentwickler und freuen uns auf experimentierfreudige Produkttester. Marktreife haben die Produkte dann definitiv. Bis zum nächsten Wunsch. Kundenorientierung ist ein ständiger Veränderungsprozess.

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„Und dann rechnen Sie mal noch € 500 fürs Marketing im ersten Jahr und bauen sich schnell eine Website.“… So der Tipp des (staatlich geförderten) Existenzgründungscoachs. Da haben wir doppelt komisch geguckt… Markteintritt in eine etablierte Branche - ohne Marketing?...