…und dann setzen wir uns alle lustige Elchgeweihe auf, machen Fotos in der Fotobox und posten die auf Social Media.
So oder ähnlich sieht jahreszeitbedingt aktuell Employer Branding in vielen Fällen aus. Überhaupt gehört Employer Branding zu den Buzzwords, die uns in den letzten Wochen mit ziemlicher Vehemenz begegnet sind. Da wir uns schon ein bisschen länger mit Marken, Markenbildung und den damit zusammenhängenden kommunikativen und psychologischen Prozessen beschäftigen, möchten wir heute mit 5 Vorurteilen aufräumen.
1. Employer Branding ist neu
Als Begriff ja – erstmals erwähnt Mitte der 90er Jahre in einem Fachartikel zur Arbeitgebermarke – da kann man schon von einer jüngeren Disziplin des Marketings – oder des HR? Oder der Unternehmenskommunikation?? – sprechen. Aber die Arbeitgebermarke als solche gab es schon viel früher. Während es lange Zeit ausgereicht hat, die Produktmarke in den Vordergrund zu stellen, ist es zunehmend wichtiger geworden, das auf dem Market entstehende Image eines Unternehmens durch einen strukturierten und aktiv gesteuerten Prozess zu unterstützen. Und damit brauchte das Ding einen Namen und eine Definition:
„Employer Branding ist die identitätsbasierte, intern wie extern wirksame Entwicklung und Positionierung eines Unternehmens als glaubwürdiger und attraktiver Arbeitgeber. Kern des Employer Brandings ist immer eine die Unternehmensmarke spezifizierende oder adaptierende Arbeitgebermarkenstrategie. Entwicklung, Umsetzung und Messung dieser Strategie zielen unmittelbar auf die nachhaltige Optimierung von Mitarbeitergewinnung, Mitarbeiterbindung, Leistungsbereitschaft und Unternehmenskultur sowie die Verbesserung des Unternehmensimages. Mittelbar steigert Employer Branding außerdem Geschäftsergebnis sowie Markenwert.“
Quelle: DEBA / Deutschen Employer Branding Akademie 2006
2. Employer Branding ist nur ein Trend
Klar – das stimmt sicher. Denn wenn Arbeitskräfte knapper werden, steigt der Handlungsdruck. Und damit auch die Notwendigkeit, sich mit neuen Möglichkeiten zu beschäftigen. Aber „Trend“ wäre zu kurz gegriffen.
Megatrends muss man nicht „voraussagen“, denn sie sind schon da und markieren Veränderungen, die uns schon lange prägen und auch noch lange prägen werden. Megatrends sind Tiefenströmungen des Wandels und beschäftigen die Gesellschaft über mehrere Jahrzehnte.
Wir werden Employer Branding hier nicht als Megatrend bezeichnen – aber es ist ein Teil des Megatrends „Wandel der Arbeitswelt“. Und damit etwas, was uns langfristig beschäftigen muss. In genau der Ausprägung, die für unser Unternehmen, für unsere heutigen und künftigen Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen passen muss. Ein Teamtrend quasi. Und mitnichten einer, der den Zusatz „nur“ verdient hat!
3. Employer Branding brauchen wir nicht
Das schlimmste aller Vorurteile. Denn wir können es uns gar nicht leisten, Employer Branding NICHT zu machen. Noch direkter: wir können es noch nicht einmal selbst entscheiden… Denn jeder unsere Mitarbeiter, der über seinen Bewerbungsprozess erzählt, abends unter Freunden über den Chef lästert, eine Bewertung auf einem Jobportal abgibt oder mit dem Thermobecher seines Arbeitgebers in die Bahn steigt betreibt Employer Branding. Ob er oder sie will oder nicht. Es nicht zu brauchen ist also gleichbedeutend damit etwas zu negieren, von dem wir unbedingt wissen müssen, was passiert. Vogel Strauß Taktik.
Die eigene EVP – also die Employer Value Proposition – zu kennen, sich damit beschäftigt zu haben, wo wir als Arbeitgeber im Vergleich zum Wettbewerber stehen, was wir unserer Zielgruppe bieten können und (noch wichtiger!) zu wissen, was unsere Zielgruppe sich vorstellt, wünscht und anstrebt – das dürfen wir nicht „nicht brauchen“. Das wäre geradezu fahrlässig in einem Markt, der um knappe Ressourcen mehr und mehr im Wettbewerb sein wird.
Kein Unternehmen würde Produkte an der Zielgruppe vorbei entwickeln – und wenn, dann verschwinden diese auch genauso schnell von der Bildfläche, wie sie als Innovation aufgetaucht sind. Ähnlich wird es Arbeitgebern zukünftig ergehen. Das drückt sich dann aus in Fluktuation, elend langer Besetzungsdauer und unbesetzten Positionen.
Quelle: Recruiting Trends 2019
4. Employer Branding können wir uns nicht leisten
Da machen wir es uns einfach: Nein. Schaut mal unter https://www.hr-excellence-awards.de/best-of-2019/ Sowohl im Bereich KMU Recruiting wie auch im Bereich KMU Employer Branding reicht die Spanne von… bis…
Alle Zahlen gibt´s nicht auf einen Blick. Aber mit €500 an einem Vormittag kann man genauso etwas ausrichten wie mit €85.000 über ein Jahr. Employer Branding Projekte sind kreative Marketinglösungen, die gemeinsam zwischen Agentur, Team und Unternehmen entwickelt werden. Die im Unternehmen wurzeln und wirken müssen. Und wie bei jedem anderen Projekt lässt sich das skalieren – in Teilschritte, in technisch hochentwickelte oder Basis-Lösungen, in externe und interne Pakete. Es nicht zu versuchen ist definitiv viel teurer! Und was besonders schade ist: Die Budgets für Stellenanzeigen im HR sind vorhanden, die Produktmarketingbudgets auch. Wenn jede Abteilung „einfach mal“ 10% Budget abgibt und zusammen mit einer Menge Engagement und ein bisschen Zeit in den (noch) leeren Employer Branding-Topf werfen würde – dann wäre Startkapital da!
5. Employer Branding ist nur was für große Unternehmen
Damit macht Ihr es Euch zu einfach. Klar ist es leichter mit vielen (Mitarbeiter)Stimmen auf vielen Kanälen sichtbar zu sein. Und tatsächlich gibt es in Konzernen zunehmend spezielle Positionen für Employer Branding (an der Schnittstelle von HR, Marketing & Unternehmenskommunikation, weil diese Disziplin sich nicht an alte Abteilungsstrukturen hält).
Aber große Unternehmen brauchen auch viele Mitarbeiter. KMU hingegen brauchen Spezialkräfte, können flexibler auf Kandidaten reagieren, sind unverwechselbar und bieten mehr Gestaltungsspielraum. Es kommt auf die einzelne Story an, wie Ihr sie erzählt, wie Ihr USP und EVP zu einem Perfect Match macht.
„Und selbst die kleinsten Unternehmen mit MAX 15 Mitarbeitern haben MIN 15 potenzielle Influencer.“
Wir haben gemeinsam schon wunderbare Geschichten und Kampagnen entwickelt. Aus klein wird dann ganz schnell größer!
(Vor)Urteil
Ein Vorurteil müssen wir bestätigen: Employer Branding allein kann nichts gegen Fachkräftemangel tun. Es schafft auch weder Programmierer noch Ingenieure.
Aber die Anmeldung im Fitnessstudio macht auch nicht schlank und mit dem HighTech Herd allein ist die Weihnachtsgans auch noch nicht lecker.
Die Voraussetzungen sind nur deutlich besser: die Sichtbarkeit, die Möglichkeit und die Attraktion.